Dienstag, 20. März 2012

Die fliegenden Lavendelrochen (Part II)

In einer Mannesgestalt erscheine ich, in einer Stadt, die leer und wüst, noch vor kurzem so voller Leben war, dass der Asphalt erst langsam abkühlt und die Strassen grau und leer vor mir liegen, der Sonnenuntergang lange Schatten in die Gassen wirft und in grellem orangem Kontrast das Licht der Strassenlaternen untergräbt.

Voller Angst und Verzweiflung renne ich, suchend, fliehend, sehe all die Wesen, die mich verfolgen, mit ihrem leeren, gepeinigten Blick. Sie erscheinen überall um mich herum, flüchtig und doch sehr materiell, da sie einst Menschen waren wie du und ich, nun jedoch nur noch Schatten ihrer selbst sind, übernommen, von jenen Wesen, die so plötzlich am Firmament erschienen und uns unser Ende kündigten.

Niemand wollte Glauben und die Regierung unterstützte uns in unserer Unvernunft zu Verdrängen und zu Ignorieren und so hatten sie leichtes Spiel, umfingen und umgarnten uns mit ihren Lavendelbüschen, bis sie uns ganz und gar umfangen hielten. Sie saugten und pressten aus uns heraus, was uns zu Menschen macht, zu fühlenden und denkenden Wesen, bis nur noch jene Hülle zurück bleibt, die nun in der Öde um mich stehen.

Unbändige Panik erfüllt mich, denn ich bin der Einzige, der lebt. Einzig der Gedanke an meine Frau und mein Kind erhalten mich bei Verstand. Ich weiss, ich muss fliehen, ich muss sie erreichen und sie beschützen, mit all meiner Kraft, auch wenn durch physische Gewalt nichts gegen sie auszurichten ist. Langsam, mit abgehackten Bewegungen bahne ich mir einen Weg, sie kommen von überall her, es scheint, sie wissen, dass ich unter ihnen weile. Ich renne und eile, doch sie stehen auf allen Strassen auf allen Gassen, auf allen Wiesen und allen Treppen.

Das schlimmste ist ihr Atem. Es ist nicht kalt, in der Dämmerung ist die Welt im Stillstand begriffen. Doch wenn ihr Atem ihren leblosen Lungen entströmt, entweicht mit ihm ein Teil ihrer Seelen, oder der Seelen der Lavendelrochen, so dass jede Berührung mit dem giftigen Dunst einem Todesurteil gleich kommt.

Fürchterliche Angst durchströmt mich, denn auch jene Wesen, in denen noch ein Funken Verstand geblieben ist, versuchen mich mit ihrem Odem zu umschmeicheln, denn ihre einzige Hoffnung auf Erlösung besteht darin, andere einzufangen, sie ganz und gar mit den Geistern der Lavendelrochen in Verbindung zu bringen und so schreite ich keuchend und schluchzend zwischen den Wesen hindurch, die mich zu pustend zu bändigen suchen.

Meine Geliebten zu finden, ist mein einziges Ziel, irgendwo habe ich sie zurückgelassen, wollte sie verstecken, doch jetzt weiss ich, dass die Wanderung durch diese kahle Welt unsere einzige Zuflucht sein kann, denn sie werden sie finden, wie sie alles finden, dass Wärme und Schönheit verströmt. Ich verliere mich in den Gedanken an den nackten Hals meiner Frau, den ich schon unzählige Male geküsst und der mir nie sehnsuchtsvoller in Erscheinung getreten ist, als in diesem Moment und an das köstliche Lachen meines Kindes, welches in seiner Unschuld nicht begreifen kann was vor sich geht und entsetzt war über mein Verschwinden.

Ich kann, ich kann nicht mehr. Sie umfangen mich in weissem Dunst, legen sich um mich, diese kalten Wesen aus menschlichem Fleisch, ich fühle wie ich schwinde.

Ich bin niemals gewesen. Sie töten mich, erfrieren meine Seele und ersticken mich, ich verliere mich in grauem Nebel der in den Gassen hervor wabert, in den Weiten des Universums aus denen sie gekommen.

Nun irre ich, mit stieren Augen, durch die fabelhafte Welt. Jegliches Gefühl hat sich verloren; zurück geblieben ist nur eines jener Wesen unter den segelnden Lavendelrochen die über ihm ihre Bahnen ziehen, in zeit- und altersloser Eleganz.

Die fliegenden Lavendelrochen (Part I)

Fern in einer Welt
die niemals gesehen
in Vernunft und Verstand
lebte einst ein Mädchen
in rot-golden Gewand

Beschenkt mit zwei holden Objekten
die sich dem klaren Blick entzogen
jedoch, als Brille getarnt,
die Sicht ins Unfassbare verbogen.

Auf einmal
plötzlich
schwebten sie hernieder,
träumend, ausserirdisch,
voller Anmut in ihren Gliedern.

Entzückt
starrte das Mädchen durch die ovalen Gläser,
gefangen im Moment
wundervoll und ohne jede Angst
in Betrachtung versunken,
hebt es ihre Hand.

Süss und zart
streichen die Lavendelbüsche
des Mädchens Hand.
Im letzten Moment erkennt es
das unsichtbare Band.

Das klebend und ziehend
ihre Finger zu zerreissen droht.

Ein Ruck zurück,
der Brille Fall.
Angst, die Still durch
des Stadtes Zentrum hallt.

Bewusst wird die Menge
die auf der Erde steht,
vor Panik und Fremdheit
fast vergeht.

Ein Ultimatum wird gestellt,
übernommen wird sie werden,
diese Welt.
Von den schwebenden Rochen,
im schwerelosen Glanz.

Kälte erfüllt es;
rennen muss es.

Doch Stille kehrt ein,
in der Stadt ohne Leben,
die Regierung hat gesprochen,
es hat nie etwas gegeben.

Doch es weiss,
es weiss!

Ohne Brille, blind ohne Gläser,
in fliegender Hast,
wird ein Plan geschmiedet,
in Panik erfasst.

Ein Kaufhaus erscheint,
voller Vintage und Schuhe,
doch das Mädchen,
findet keine Ruhe.

Packen tut es,
verstecken muss es.
Im Bunker verkrochen,
in der Angst vor den fliegenden Rochen.